Donnerstag, 16. Juni 2011

Die Polizei, mein Freund und Helfer ?

Trotz der Widerstände der ghanaischen Seite, einen Text über dieses Thema in meinem Blog zu veröffentlichen, muss ich hier einfach mal etwas über die ghanaische Polizei schreiben. Wenn die Menschen über Afrika sprechen, fallen meistens Begriffe, wie: Armut, AIDS/HIV, Hunger, wenig Bildung usw. Wenn man dann mal etwas genauer überlegt, dann kommt einen auch ein ganz anderes Wort in den Sinn: Korruption.
Und genau da drüber möchte ich euch heute etwas erzählen.
Korruption, ein heikles Thema. Man muss nur die Augen aufmachen und man kann an einem Tag mindestens 1 Situation erleben, in der es Schmiergeld, oder wie ich es nenne, „Taschengeld“ für die Polizisten gibt.
Es ist so verdammt einfach, die Polizei zu bestechen, was manchmal, so muss man es ehrlich zugeben, auch ganz praktisch sein kann, aber auf der anderen Seite weiß auch jeder hier, dass man sich auf die Polizisten wenig verlassen kann, besonders, wenn kein Geld im Spiel ist.
Die meisten „Ordnungshüter“ ( ich würde jetzt gerne „alle“ schreiben, denn ich kenne ja nicht alle Polizisten, jedoch habe ich noch nie eine Ausnahme gesehen) machen sich an ihrer Arbeitsstelle einen schönen Tag. Auf dem Weg nach Wa zum Beispiel, gibt es eine Polizeisperre, neben der sich ein Platz befindet, auf dem Betten mit Matratzen stehen, die nicht nur zum kurzen Nickerchen gebraucht werden, sondern zum ganz-täglichen Schönheitsschlaf. Wenn die Herrschaften sich also nicht faul auf der Matratze räkeln, dann stehen sie am Straßenrand und sammeln sich nach Lust und Laune ein wenig Taschengeld zusammen. Einfach so.
Was ich hier schreibe, scheint vielleicht ein bisschen übertrieben zu klingen, aber ich habe mit mehreren Ghanaern über dieses Thema gesprochen und sie haben mir das leider alles bestätigt.
Hat man das Glück, an dieser Polizeisperre ungeschoren davon gekommen zu sein, ist es vor allem für die Trotrofahrer unmöglich, nach Wa rein zufahren, ohne der Polizei was in die Hand zu drücken.
Seit Jahren herrscht unter den Fahrern das Gerücht, dass man bei der Durchfahrt am besten gleich anhält und was bezahlt. Natürlich gibt man das Geld nicht so offensichtlich über, sondern versteckt es zwischen seinen Fahrzeugpapieren, oder seinem Führerschein. Ein Aufwand, denn man sich auch eigentlich sparen könnte, denn jeder weiß es.
Trotzdem, die Fahrer haben Angst, dass den Polizisten irgendwas nicht passen könnte und dann kann es ziemlich schnell ganz schön schlecht aussehen. Dann fällt der Policewoman plötzlich ein, dass man ja gar keine Tiere auf dem Dach transportieren darf, oder der Policeman findet irgendwas am Trotro nicht mehr gut genug und zack ist der Kleinbus auch schon auf der Polizeiwache und es ist den Busfahrern beinahe unmöglich, den hohen Betrag ( der natürlich auch wieder einiges an Schmiergeld beinhaltet) zu bezahlen. Da sind sie skrupellos und alle unter einer Decke. Dabei ist der Job des Polizisten hier gar nicht schlecht bezahlt. Ca 700 Cedis ( 350 Euro) bekommen diese im Monat. Für ghanaische Verhältnisse gar nicht schlecht. Trotzdem nehmen sie den Menschen ihres Landes immer wieder das Geld aus den Taschen, weil sie wissen, dass sie durch ihre Arbeit einen gewissen Status haben.
So wie die Busfahrer also glauben, sie müssten jedes Mal bei der Polizeisperre anhalten und einen Cedi abdrücken, glauben die Polizisten, dass sie etwas Besseres sind und sich so einiges erlauben können. Mal ein paar stories:
Wenn Franziska und ich mit dem Motorrad die Polizeisperre passieren, werden wir jedes Mal angehalten. Aber nicht, weil wir keine Helme tragen, unseren Führerschein nicht dabei haben, oder wir keinen blassen Schimmer haben, wo sich die Motopapiere befinden, nein, wir werden angehalten, weil die Polizei unsere Telefonnummern haben will, oder dämliche Sprüche, wie „wenn du in dein Land gehst (sie wissen also noch nicht mal, wo wir herkommen) , dann nimmst du mich mit!“ oder „ My wife wann heiraten wir denn endlich“. Solche arroganten Bemerkungen strengen einen echt an. Wenn man dann mal kontert, mit seinem pseudo- Ehering in deren Gesichtern herumfuchtelt, oder ihnen mal zu Abwechslung nicht den Namen, den Wohnort oder die Telefonnummer sagt, dann verstehen sie die Welt nicht mehr und es fallen Sätze, wie „ aber ich bin doch ein Polizist ( du musst mir das doch geben)!“
In solchen Situationen wird mir immer wieder klar, wieso die Ghanaer ihre Polizisten nicht ernst nehmen. „Die einzigen, die hier für Ruhe sorgen können sind die Soldaten. Auf die Polizei hört doch keiner“. Oftmals werden sie belächelt. Zahlen muss man trotzdem.
Eine andere Geschichte, die mir ein Nachbar erzählte:
Ein Mann passiert mit seinem Taxi die Polizeisperre. Der Polizist hält ihn an, verlangt 30 Cedi von ihm. Der Fahrer hat aber keine 30 Cedi. Er sucht sein ganzes Geld zusammen und kommt auf rund 15 Cedis, die er dem Polizisten anbietet. Der will aber nicht 15, sonder 30 und droht damit, wenn er sie nicht bekomme, dann müsse der Mann sein Auto stehen lassen. Weil der Fahrer aber wirklich keine 30 Cedi hat, entschließt er sich dazu, sein Fahrzeug an der Polizeisperre zu lassen und in die Stadt zu laufen. Am Ende des Tages kommt er wieder zurück. Der Polizist fragt ihn, ob er jetzt die 30 Cedis zusammen hat. Daraufhin der Taxifahrer „ du wolltest die 15 Cedis, die ich hatte nicht haben, ich kann auch nicht einfach aus 15 30 machen. Ich habe also mein Auto hier gelassen, bin in die Stadt gegangen, habe meine Sachen erledigt und nun habe ich 1 Cedi übrig!“. Und weil der Polizist das nicht auf sich sitzen lassen wollte, verlangte er lächerlicher weise noch den letzten Cedi des Mannes.
Eine dritte Sache:
Im April kam Stinas Familie zu Besuch nach Ghana und ich durfte für eine Woche mit durch den Süden touren. Es wurde ein Auto gemietet und ein Fahrer dazu. Einen Nachmittag wurden wir geblitzt ( wir waren wirklich nicht sehr viel zu schnell) und die Polizei stoppte uns. Was sie sich bei dem Anblick des Autos, das mit Weißen voll besetzt war gedacht haben müssen, dass kann sich auch wohl jeder denken.
Die Strafe, die ein Ghanaer eigentlich bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung dieser Art bezahlen muss , muss so zwischen 10-15 cedi liegen. Da der Jeep aber voll mit den „reichen“ Weißen war, stieg der Preis gleich mal auf satte 300 Cedis an. 300 Cedis, oder der Fahrer wandert ins Gefängnis, oder zumindest auf der Polizeiwache. Unglaublich. Das wäre auf jeden Fall n ziemlich sattes Taschengeld für die Polizisten gewesen. Nach langer Diskussion und hin und her konnte die Herrschaften doch noch ein wenig gnädig gestimmt werden und letztendlich wurden 50 Cedis übergeben. Viel zu viel, aber weil man in solchen Momenten einfach machtlos ist, muss man sooft klein bei geben, auch wenn alle Beteiligten wissen, dass das, was grade passiert, nicht richtig ist. Unser Fahrer erklärte uns später auch noch, wieso er seinen originalen Führerschein nie zur Kontrolle an die Polizei weitergibt, sondern immer nur eine Kopie. Die Polizei geht nämlich so weit, dass sie vorgibt, sich den Führerschein ansehen zu wollen und ihn dann einkassiert, um ein Druckmittel zu haben, um das zu bekommen, was sie wollen.
Meine vierte und letzte Geschichte, die einen nur zum Kopfschütteln zwingt:
Hier in Ghana gibt es vor allem auf den abgelegenen Straßen und eher Nachts, also Tags immer wieder Raubüberfälle. In einer Nacht wurde also mal wieder ein Bus überfallen und ausgeraubt. Die Busgesellschaft meldete sich beim Militär, um ein paar Soldaten zu verständigen (weil auf die Polizei nicht so wirklich Verlass ist). Diese kümmerten sich auch darum und trafen zeitig an dem Ort des Geschehens ein, nahmen alle Hinweise entgegen, versuchten die Diebe zu stellen und machten sich währenddessen daran, die umliegenden Polizeisperren zu informieren, welches Auto sie anhalten sollten, um die Diebe zu fangen. Tatsächlich passierten die Diebe mit dem Auto eine der Polizeisperren. Die Polizei hielt dieses auch an, jedoch gab es wohl eine dicke Summe Schmiergeld und somit ließen die Polizisten die Diebe einfach weiterfahren. Ohne irgendwas zu machen. Keine Strafe, keine Festnahme. Als die Soldaten, die zu dieser Zeit im Einsatz waren dies mitbekamen gab es ein heiden Theater. Ich für meinen Teil kann die Soldaten wirklich gut verstehen. Wie kann jemand, der es zur Aufgabe hat, seinem Land und seinen Leuten zu helfen, für Ordnung und Gerechtigkeit einzusetzen , so bestechlich sein?!

1 Kommentar:

  1. Hallo Annika,

    dass was Du da erlebst ist erschreckend; aber solche Korruption gibt es nicht nur in Afrika. Das erlebst Du gerade hautnah…aber denk´ mal an Italien und die Mafia oder…oder…oder. Die Welt ist manchmal verrückt…aber wir Menschen leben sie.


    LG Mama

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